Bogotá

 

Was gibt es Schöneres gegen Jetlag als gleich in den Trubel einer Party einzutauchen. Um 15h ging es mit einem Begrüßungs-Coctail los und fröhlich angeschickert wurde dann bis in den Abend getanzt - zwei großartige Sänger haben für Stimmung gesorgt und Peer und ich haben tatsächlich unsere ersten Salsa Versuche aufs Parkett gelegt. Dummerweise waren wir immer schnell außer Puste - die Höhenluft auf 2.600 m ist nicht zu unterschätzen.

Zwischendurch wurde viel Aquardiente getrunken, quasi das kolumbianische Nationalgetränk, ein 29%iger Likör, der aber eher nach Schnaps schmeckt und verdammt lecker ist. Als der Jetlag dann so richtig zuschlagen wollte, sind wir mit dem Taxi in unser momentanes Zuhause gefahren, ein Abenteuer für sich, denn der kolumbianische Fahrstil ist nett ausgedrückt rasant und temperamentvoll und die Taxis haben gefühlt keine Stoßdämpfer. Daran werden wir uns wohl gewöhnen dürfen ...

 

 

Nach einem ausgiebigen Katerfrühstück haben wir dann am nächsten Tag einem Spaziergang über einen 'Flohmarkt' rund um den Parque Usaquen gemacht. Hier gab es neben Lebensmitteln und Kleidungsstücken viel traditionelles Kunsthandwerk, Schmuck, Düfte, Öle, einfach alles ... Das ganze Viertel mit seinen kleinen Bars und Restaurants wirkt super einladend. Beim Weiterschlendern sind wir plötzlich in einen deutschen Weihnachtsmarkt gestolpert. Lustig, was hier als typisch deutsch gehandelt wird - Kärcher, Lederhosen, Stollen, Glühwein (bei 20 Grad im Schatten!) und es lief Peter Fox, jawohl, nicht Helene Fischer! Trotzdem war das Ganze mehr als bizarr ...

 

 

Eine Fahrt mit der Seilbahn auf den Cerro de Monserrate ist ein 'Muss' in Bogotá. Oben auf dem Berg thront in 3.200 m Höhe eine Wallfahrtskirche, die den Schrein des 'Gefallenen Jesus' (El Señor Caído) beherbergt. Am Karfreitag wandern etwa 25.000 Menschen den Berg hinauf, ja, es gibt auch einen Fußweg, aber in der dünnen Luft haben wir den dankend ausgelassen. Vom Berg aus hat man einen phantastischen Blick über die ganze Stadt. Noch etwas hat uns schwer beeindruckt - auch hier, wie überall, wird gerade die Weihnachtsdeko aufgebaut. Wenn wir früher in Berlin in der Vorweihnachtszeit immer durch den Wedding gefahren sind, um uns die überborden geschmückten Balkone anzugucken, kommen wir hier in Bogotá voll auf unsere Kosten. Der Wedding ist ein Dreck gegen das, was hier aufgefahren wird.

 

 

Das nächste 'Muss' ist ein Besuch im Gold Museum (Museo del Oro), das eine einzigartige Sammlung präkolumbianischer Goldobjekte beherbergt. Mich hat die Ausstellung zutiefst berührt. Zu sehen, was für eine unglaublich filigrane Handwerkskunst bereits vor 4.000 Jahren (anfänglich in Peru) betrieben wurde, hautnah zu begreifen, was während der Kolonialzeit an Kultur zerstört wurde - aus Geldgier wurde das Gold meist einfach eingeschmolzen - und sich die Arroganz der Europäer vor Augen zu führen, die diesen Kontinent einfach überrannt haben. Ganz ehrlich - mir sind die Tränen gekommen ...

Man erfährt auch eine Menge über die Philosophie und Spiritualität der Ureinwohner, auf englisch Amerindians genannt. Das Gold stand für die Sonne und war ein Symbol der Macht. Die Welt war in 3 Bereiche unterteilt. Die Zwischenwelt, in der die Menschen leben, dann noch die obere und die untere Welt, wobei oben und unten (anders als im Christentum) keiner Wertung unterzogen wurde. Der oberen Welt waren u.a. die Vögel und der unteren die Fledermäuse zugeordnet, und es hieß, wenn die gesamte Welt im Gleichgewicht ist, verfügt sie über alle Ressourcen, die die Menschheit zum Leben braucht. Wiedergeburt war selbstverständlich, sei es als Mensch, oder Pflanze, oder Stein, denn alles hat eine Seele und gehört zum großen Ganzen. Schamanen hatten den Kontakt zur spirituellen Ebene, dabei haben sie vieeeel Drogen genommen, konnten heilige Tierformen annehmen und in Trance das Gleichgewicht der Welt, sofern sie aus den Fugen war, wieder herstellen. Während der schamanischen Zeremonien wurde das Gold der Erde zurückgegeben.

 

 

 

Nach dem Museumsbesuch sind wir über eine belebte Fußgänger-Einkaufszone Richtung La Candelaria geschlendert, ein bei Touristen beliebtes Viertel mit Häusern, die aus der Kolonialzeit stammen. Vielleicht noch spannend - in Teilen der Innenstadt (allerdings nur in Teilen) wird der Autoverkehr ausgesperrt. Es verkehren dort nur Busse, die an kleinen Bahnsteigen halten. Ansonsten herrscht in Bogotá das großstadtübliche Verkehrschaos mit vielen, vielen Staus ... 

 

 

Und noch das Foto des Tages ...

 

 

Und ein kleines Video ...

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Ilona (Donnerstag, 13 Dezember 2018 09:58)

    Danke für den ausführlichen Bericht. Da bekomme ich richtig Fernweh!

  • #2

    Speedy (Freitag, 14 Dezember 2018 09:34)

    Passend dazu zeigt ARTE gerade eine Sendung über die Kreativszene in Bogotá:
    https://www.arte.tv/de/videos/RC-016942/bogostreets/

  • #3

    Angelika (Samstag, 15 Dezember 2018 15:51)

    Ich bin sehr beeindruckt! Und wieder diese tollen Fotos, die sicher nur einen kleinen Bereich Eurer Erlebnisse wiedergeben. Wenn man doch jetzt noch riechen könnte - den Duft der Kontinente.