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Ab in den hohen Norden

 

Irgendwann hat es uns dann doch gepackt - die nördlichste Region der Nordinsel hat gerufen ...

Es tat gut, wieder auf der Straße zu sein und Neuland zu erkunden.

Erster Anlaufspunkt war Matai Bay auf der Karikari Peninsula, dort ist ein wunderschöner DOC Campground oberhalb eines einladenden Strandes.

In der Nachbarbucht kann man am Wasser entlang zu einem gigantischen Feigenbaum laufen. Ein Geflecht aus Ästen bildet ein großes, schattiges Blätterdach unter dem man sich im Sand bequem niederlassen kann. Die Bucht war menschenleer. Es macht sich schon bemerkbar, dass der Tourismus durch Covid quasi zum Erliegen gekommen ist. Zwar sind jetzt alle Kiwis im eigenen Land unterwegs, aber das schlägt nicht so zu Buche. Außerdem war das Fischen in den Gewässern um den Campground herum untersagt, also gab es auch keine Boote - ein idyllischer Ort ...

 

 

Mit einem Einkaufsstopp in Kaitaia sind wir dann weiter Richtung Norden gefahren. Hier wird Neuseeland recht schmal - zwischen dem Pazifik und der Tasmansee liegt ein teilweise nur noch 10 Kilometer breiter Landstreifen. An der Westküste zieht sich ein langer, malerischer Sandstrand hoch bis fast nach Cape Reinga an der äußersten Spitze der Nordinsel. Dieser Strand wird 90 Miles Beach genannt. Woher er diesen Namen hat, weiß keiner - er ist weder 90 Meilen lang noch wird hier in Meilen gezählt, hmmm ... Es ist aber ein beliebtes Abenteuer, bei Ebbe dort entlang zu fahren. Ohne Allrad ist man aber schnell aufgeschmissen und diverse Schilder an den Zu-Wegungen raten dringend davon ab. Obwohl wir ja mit einem Allrad-Camper unterwegs sind, haben wir also auf dieses Abenteuer dankend verzichtet und nur ein paar kleine Abstecher in die Stichstraßen, die zum Wasser führen, gemacht.

 

 

Nächster Anlaufspunkt war dann Spirits Bay, in der Maori Tradition ein heiliger Ort. Auf dem Berg, der sich neben dem DOC Campground erhebt, befand sich eine der letzten Mystery Schools der Maori und es heißt, dass in der Bucht all jene Seelen, die sich neu inkarnieren, zur Erde zurück kommen.

Der Ort strahlt in der Tat eine große Magie aus. Eine Herde Wildpferde lebt auf und in den Wiesen um den Berg herum, ein beeindruckender Anblick. Ich glaube, dass ich noch nie so schöne Pferde gesehen habe, und wenn auf dem Kamm zunächst ein Pferd und dann kurz darauf die ganze Herde auftaucht, denkt man unweigerlich an Winnetou ... 😉

 

 

Wir waren zwar vorgewarnt, aber die Moskito-Invasion, die sich in der Dämmerung über uns hermachte, war extrem nervig. Trotz Fliegengitter waren die kleinen Plagen leider auch bei uns im Wagen und so wurde die Nacht recht unruhig. Dennoch passierte etwas, das wir so noch nicht kannten. Peer und ich hatten in jener Nacht exakt den gleichen Traum - nämlich dass wir nach Berlin geflogen sind, um alles aufzulösen, was es dort noch gibt, unter anderem unser Storage. Dort angekommen wurde uns plötzlich bewusst, dass uns der Rückweg nach Neuseeland versperrt war - schließlich sind die Grenzen Covid-bedingt für Nicht-Kiwis dicht. Entsetzt haben wir uns gefragt, wie wir nur so dumm sein konnten und was wir da nur Schreckliches getan hatten. An dieser Stelle sind wir beide aufgewacht ...

 

Der Berg hat eine große Anziehung auf uns ausgeübt, und so sind wir am nächsten Tag hochgestiegen. Der Blick, der sich einem über die Bucht eröffnet ist sehr besonders. Die 12 km Sandstrand weisen nach Norden und das Meer ist ähnlich unruhig, wie an der Westküste. Den Wildpferden sind wir zwar nicht direkt begegnet, dafür lagen überall frische Pferdeäpfel herum und machten klar, wem dieses Gebiet gehört. 

 

 

Ein beißender Geruch machte uns dann auf dem Rückweg auf einen Baum aufmerksam, in dem Kormorane nisteten. Bei näherer Betrachtung war das ganze Geäst voller Nester und unzählige Jungvögel piepsten begierig nach Futter, welches die Eltern geduldig servierten - sehr süß!

 

 

Am nächsten Tag sind wir dann schließlich an die ultimative Nordspitze, nach Cape Reinga gefahren, auch wenn der nördlichste Punkt Neuseelands etwas weiter östlich in einem per Auto nicht mehr zugänglichen Gebiet liegt. Cape Reinga hat für die Maori ebenfalls eine ganz besondere Bedeutung. Hier treten die Seelen der Verstorbenen die Reise nach Hawaiki an, dem Ort ihrer Ahnen. Zudem treffen hier die Tasmansee und der Pazifische Ozean aufeinander. Te Tai o Rehua, von Westen kommend, verkörpert in der Maori Tradition das männliche Prinzip und Te Moana Nui a Kiwa, von Osten kommend, das weibliche. Cape Reinga symbolisiert also auf diese Weise die Entstehung des Lebens.

Dort, wo die beiden Meere aufeinanderprallen, befindet sich zudem eine Untiefe, die sogenannte Columbia Bank. Hier hat man das Gefühl, in einen brodelnden Topf zu gucken ...

Ich bin lange auf einem Stein sitzen geblieben und habe mir das Schauspiel angesehen. Dann bin ich zum Leuchtturm weitergeschlendert, an dem mal wieder einer dieser Schilder-Bäume steht, der zeigt, wie weit es bis zu ausgewählten Orten dieser Erde ist.

 

 

Schließlich haben wir noch einen Abstecher zur Giant Ta Paki gemacht, einer gigantischen Sanddünen-Landschaft. Über 10 km lang, 1 km breit und bis zu 150 m hoch erstreckt sich vor einem eine scheinbar endlose Sandwüste. Es war Gott sei Dank bewölkt und so hat die Sonne uns bei unserem Aufstieg nicht verbrutzelt. Am Fuß der Düne kann man Sand-Boards mieten, und die paar anderen versprengten Besucher, die außer uns noch dort waren, sind tatsächlich bäuchlings die teils steilen Abhänge herunter gerutscht. Uns hat das nicht gereizt - langer Aufstieg kurze Abfahrt - und so sind wir lieber kreuz und quer durch den wüstenartigen Sand gelaufen. Irgendwann hatten wir eine weitere Anhöhe erklommen und vor uns öffnete sich der Blick bis hin zur Küstenlinie. Lange haben wir dort gesessen und in die Ferne geguckt, bis wir irgendwann zurück gelaufen sind. Es gab ein paar Markierungen, an denen man sich orientieren konnte, so haben wir schließlich unseren Wagen wiedergefunden.

 

 

Auf dem Rückweg in die Kerikeri Region haben wir noch einmal in Matai Bay Halt gemacht - dann ging es wieder zum wohlvertrauten Campground nach Matauri Bay.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Gaby und Frank (Montag, 25 Januar 2021 16:53)

    Ja, nach Berlin zu kommen, wäre ohne die Möglichkeit, nach Neuseeland zurückkehren zu können, wirklich das Ungünstigste, was man zur Zeit machen kann... Aber es war ja nur ein böser Traum... Ihr habt es wirklich soooo gut getroffen, dass Ihr gerade jetzt in Freiheit diese wunderschöne Insel genießen könnt!
    Wir freuen uns sehr für Euch und seufzen ein bisschen beim Lesen und beim Anblick dieser wunderschönen Fotos. Habt Dank dafür und seid aus der Ferne umarmt von Gaby und Frank. Wir wären jetzt soo gerne bei Euch.