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Erinnerungen an den letzten Sommer

 

Der Sommer steht vor der Tür und diesmal werden wir ihn wieder auf der Südinsel verbringen. Die Fähre ist schon gebucht - für den 1.1.2022 - auf den Tag genau 2 Jahre nach unserer ersten Überfahrt von Wellington nach Picton. Ein lustiger Zufall, aber keine Absicht - es war der nächstmögliche Termin - hier sind dann Sommerferien und halb NZ ist unterwegs.

Auch wenn ich nichts geschrieben habe - wir haben trotzdem in den letzten Monaten so manches erlebt - hier eine kleine Rückschau.

 

Um dem Wasser nicht ganz zu entsagen, haben wir uns - nachdem wir die Küste Northlands verlassen hatten - für eine Weile auf einem DOC Campground am Waikato River niedergelassen. Dieses ist der längste Fluss Neuseelands. Er entspringt im Vulkanplateau, fließt durch den Lake Taupo, stürzt an den Huka Falls in die Tiefe und fließt dann gemütlich durch 8 Stauseen, an denen sich Wasserkraftwerke befinden, die den Großteil der Nordinsel mit Strom versorgen. Bei Port Waitako mündet er dann in die Tasmansee.

An unserem Campground hatte der Waikato River ebenfalls einen kleinen, in diesem Fall aber natürlichen See gebildet, und der stetige Wind sorgte für die zarte Illusion, dass der Fluss in die falsche Richtung fließt - nice ...

 

 

Nachdem wir schon mehrere Versuche unternommen hatten, Glühwürmchen zu sehen, haben wir die Waitomo Caves angesteuert, eine der Glühwürmchen-Höhlen auf der Nordinsel. Der riesige Parkplatz zeugt noch von den Touristenströmen aus Vor-Covid-Zeiten. Jetzt standen da 4 versprengte Pkw und außer uns noch ein zweiter Camper. Die junge Frau an der Kasse langweilte sich und auch im Souvenier-Shop war gähnende Leere. So hatten wir aber eine fast private Führung durch das Höhlensystem. Da das Fotografieren leider untersagt war, bleibt mir wieder einmal nur die Möglichkeit, unseren Besuch zu beschreiben ... 

Zunächst kraxelten wir durch eine mehr oder weniger normale Tropfsteinhöhle - schön, aber nicht außergewöhnlich. Als wir dann aber am unterirdischen Fluss ankamen, wurde es magisch ... An der Decke funkelte quasi ein Sternenhimmel - ein dichtes Glühwürmchen-Geflecht. Lautlos glitten wir in einem kleinen Kahn über das Wasser und starrten in die Höhe. Abgesehen von einem gelegentlichen Plätschern war es mucksmäuschenstill, und es war, als tauchten wir in eine ganz eigene Welt ein. Die Glühwürmchen wirkten wie ein großer, gemeinsamer Organismus, nicht von dieser Welt ...

Als die Normalität uns zurück hatte, habe ich mich ein bisschen schlau gemacht. Diese Glühwürmchenart heißt Arachnocampa Luminoso und kommt einzig in Neuseeland vor. Sie verbringt den Großteil ihres Lebens im Larvenstadium. Aus einem Seidennest an der Höhlendecke lassen die Larven bis zu 40 cm lange Schleimfäden herabhängen, mit denen sie ihre Nahrung fangen - hauptsächlich Fliegen und Mücken. Hungrige Larven leuchten offenbar kräftiger, als satte. Es gibt die Würmchen nicht nur in Höhlensystemen, einige Populationen leben auch in Wäldern - wow!

Übrigens findet man im Internet unter 'Waitomo Glowworm Caves' tollen Fotos - falls jemand googeln möchte ...

 

 

Peer konnte unter anderem einen Punkt auf seiner Bucket-List abhaken und ich habe mich gleich mit eingeklinkt, auch wenn es nicht auf meiner Liste stand - eine Kuh mit der Hand melken …

Wir haben mehrfach unsere Freundin Lana bei Taumarunui besucht, die dort auf einer Dairy Farm, einer Milch-Farm gearbeitet hat, und die hat uns eine entspannte Kuh ausgesucht und gezeigt, wie man es macht - beherzt zupacken, drücken und gleichzeitig ziehen. Die selbstgemolkene Milch haben wir dann gleich getrunken - warm und lecker. Ansonsten wird das Melken maschinell erledigt - mit Hilfe von 4 Saugnäpfen …

Wir Großstadtkinder haben auf der Farm viel über Viehzucht und Milchwirtschaft erfahren. Hier in Neuseeland gibt es keine Stallhaltung - alle Tiere stehen auf Weiden. Zur Erinnerung - hier leben nur 5 Millionen Menschen auf einer Fläche, die Italien entspricht. Gemolken wird 2 mal täglich und die Kühe kommen jedesmal auf eine andere Weide, damit das Gras nachwachsen kann und die Tiere immer frisches Futter haben.

Im Winter kommen die Kälber zur Welt - auf unsere Odyssee nach Wellington haben wir bei Lana wieder einen Zwischenstopp eingelegt und konnten die Jungkühe beim Toben beobachten - jeden Nachmittag mehr oder weniger pünktlich um 17h - unglaublich süß …

 

 

Bei Taumarunui fließen zwei Flüsse zusammen, der Whanganui River, der heilige Fluß der Maori, und der Ongarue River. Hier beginnt der Forgotten Highway, eine kleine teils unbefestigte Straße die sich vom Landesinneren aus in Richtung Westküste zur Region rund um den Vulkan Taranaki schlängelt - siehe mein früherer Blog-Eintrag … Anfangs folgt der Forgotten Highway noch dem Whanganui River, dieser biegt dann aber quasi ab und fließt durch die Wildnis, in der es keine Straßen mehr gibt, bis er süd-östlich der Taranaki Region bei der Stadt Whanganui in die Tasman See mündet.

Wir sind also den Forgotten Highway entlang getrödelt - 3 entspannte Tage ohne Netz, bis uns die Zivilisation an der Westküste wieder hatte.

 

 

Der majestätische Taranaki liegt inmitten des Egmont National Parks. Captain Cook hatte den Vulkan seinerzeit Mount Egmont getauft, ihm wurde aber der alte Maori Name zurückgegeben. In diesem Park fanden wir überraschenderweise einen Redwood Wald. Die Baumriesen waren zwar noch relativ jung aber bereits sehr beeindruckend. Ein Wanderweg führte uns viele, viele Höhenmeter über Stock und Stein - Neuseeland-üblich - und erschöpft aber glücklich kamen wir nach mehreren Stunden wieder bei den Redwoods an. Station haben wir dann an dem kleinen See bei New Plymouth gemacht, an dem wir schon einmal waren.

 

 

In einer kleinen Gruppe haben wir im Hochsommer einen 4 tägigen Paddel-Trip in Kanus auf dem Whanganui River unternommen, mitten durch die unberührte Wildnis. Es gibt dort nicht einmal Stichstraßen zu den DOC Campgrounds, die sich in regelmäßigen Abständen am Flussufer befinden und den Paddlern Unterschlupf für die Nacht gewähren. Zelte, Schlafsäcke und Proviant hatten wir in wasserdichten Tonnen auf den Kanus festgezurrt und nach einer kleinen technischen Einführung ging es los. Wir waren Ende Februar unterwegs - zu dieser Zeit trägt der Fluss am wenigsten Wasser. Das bedeutete, dass die unzähligen Stromschnellen leichter zu bewältigen waren aber auch, dass man in bestimmten Abschnitten mehr paddeln musste.

 

Schon am ersten Tag gerieten wir in unserem Zeitplan mächtig ins Trudeln und mussten einen Campground früher als erhofft für die Nacht anlegen. Zwei Boote aus unserer Gruppe kenterten, teils mehrfach, und es dauerte, alles wieder fit zu machen. Das Kentern per se war nicht schlimm - wir hatten Schwimmwesten und das Wasser hatte eine angenehme Temperatur. Man musste sich nur mit den Füßen voran ans nächste Ufer treiben lassen - all das hatten wir im Briefing erfahren.

Peer und ich waren ohne zu kentern durch den Tag gekommen und relativ trocken geblieben. Dafür hatten wir die Herausforderung einen gemeinsamen Paddel-Rhythmus zu finden. Ich saß vorne, war also der Antrieb, und Peer war hinten der Steuermann. Blöderweise habe ich manchmal reflexartig das Steuern übernehmen wollen, was uns dann aus dem Tritt gebracht hat. In den nächsten Tagen wurde es aber zunehmend besser und wir gehörten immer noch nicht zu denen, die im Wasser landeten. 

 

Die Campgrounds lagen alle malerisch am Fluss, allerdings nicht direkt am Ufer sondern wesentlich höher, da der Wasserstand des Whanganui kurz mal binnen weniger Stunden um 10 m in die Höhe schießen kann. Also mussten wir abends, als wir schon relativ platt waren, den ganzen Kram hoch schleppen … Ich gestehe, dass ich die „Frau Ü 60 - Karte“ gezogen und mich den leichter zu tragenden Sachen gewidmet habe, es waren ein paar kräftige junge Männer dabei …

 

Die Atmosphäre, in die wir tagsüber auf dem Fluss eintauchen durften, war bezaubernd. Unberührte Natur, Stille, nur Vogelgezwitscher und das sanfte Plätschern der Paddel, die ins Wasser eintauchten. Am zweiten Tag passierten wir am Uferrand Hieroglyphen - sehr beeindruckend ...

 

Die letzte Nacht verbrachten wir auf einem Campground vor einer Marae - einer Maori-Versammlungsstätte. Dann wartete nur noch ein Paddel-Tag auf uns. Hier hatten wir zwei kleine Herausforderungen in Form von unberechenbareren Stromschnellen zu bewältigen. Im Briefing erfuhren wir, dass man an der zweiten dieser Stromschnellen eine fünfzig/fünfzig Chance hat, im Wasser zu landen. Und da hat es schließlich auch Peer und mich erwischt - wir dachten schon, wir sind gut durchgekommen, dann schwappten stehende Wellen in unser Kanu und wir sind paddelnd einfach gesunken - ein riesiger Spaß ...

 

Beim Sondieren der Fotos musste ich feststellen, dass mir die Auswahl extrem schwer fiel. Deshalb sind es diesmal ein paar mehr als sonst ...

 

 

Anschließend waren wir für ein paar Tage in Masterton, wo wir an einem See mit unzähligen Wasservögeln stehen konnten, die für ein phantastisches Konzert gesorgt haben. 

 

Von dort aus hat es uns wieder an die Küste gezogen und wir landeten in Castlepoint, einer Ortschaft, die von einem Leuchtturm auf einem kleinen Riff geprägt wird. Eine lange Sandbucht lädt zum Spazierengehen ein und man kann auch ein wenig kraxeln - am dem Leuchtturm gegenüberliegenden Ende der Bucht erhebt sich ein teilweise recht schroffer Berg. Ich bin auf halber Strecke am Hang klebend sitzen geblieben, aber Peer hat heroisch den Gipfel erklommen.

 

 

Als es langsam Herbst und damit ungemütlicher wurde sind wir wieder in Richtung Norden aufgebrochen. Mit diversen Stopps an Orten, die wir mittlerweile zum zweiten oder dritten Mal angefahren haben.

Über Ostern landeten wir auf einem entzückenden kleinen Folk-Festival. Musiker und Nicht-Musiker campten nebeneinander auf eine alten Pferderennbahn und es gab über 4 Tage verteilt diverse Workshops und Konzerte. Spätestens da die Idee geboren, mein Cello nach NZ zu holen. Mit diversen Zoll-technischen Hürden ist das schließlich geglückt und es hat jetzt diverse Plätze im Camper - Dusche, Bett, Wohnraum, je nach Situation … Der Platz ist nunmal beschränkt.

 

Noch kurz ein paar Worte zum Winter - den haben wir dieses Jahr in Tauranga Bay verbracht, einem Campground unweit von Matauri Bay, wo wir im vergangenen Jahr waren. In Matauri Bay gab es dieses Jahr unglücklicherweise keinen Handy und Internet-Empfang, also mussten wir umziehen. 

Auf dem Festival hatten wir Leute mit einem wunderbaren Gazebo, einem Windschutzzelt, kennengelernt. Das hat uns inspiriert und wir haben uns auch so etwas zugelegt. Damit hatten wir im Winter einen extra Raum und konnten uns - auch was die Synchron-Tätigkeit betrifft - entzerren. Wann immer ein Wintersturm angerauscht kam, mussten wir das Gazibo zwar abbauen, aber es stand in der Regel 4-5 Tage die Woche.

So verging der Winter durchaus angenehm - mit viel Arbeit und bei vergleichbar milden Temperaturen - selbst Nachts ging es selten unter 10 Grad und tagsüber hatten wir in der Regel 14 - 16 Grad. In der Sonne war es deutlich wärmer.

 

 

Tja, und dann kam Covid und unsere Camper-Rego-Odyssee begann, aber diese Geschichte habe ich ja bereits erzählt ...

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Monne (Dienstag, 21 Dezember 2021 09:27)

    Herrliches lesen.
    Vielleicht solltet ihr einen Reiseführer produzieren �
    Frohe Weihnachten wünschen wir euch beiden!

  • #2

    Viola (Dienstag, 21 Dezember 2021 16:18)

    Schön wieder von euch zu hören, es liest sich immer so gut , was du schreibst.
    Wir wünschen euch weiterhin viel Spaß und ich drücke die Daumen das ihr dann auch irgendwann mal nach Australien kommt.
    Ein frohes Weihnachtsfest für euch ����