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Wir rollen wieder

 

Nach einer Pause von etwa 7 Monaten wieder auf der Straße zu sein war ein erhebendes Gefühl. Das wohlvertrauten Schaukeln - wir sind ja deutlich höher gelegt und das macht sich beim Fahren schon bemerkbar - hat uns dann doch gefehlt. Da wir für die Australienreise unseres Campers alles ausräumen mussten, ergab sich die wunderbare Chance einer Umstrukturierung. So konnten wir auf Erfahrungswerte zurückgreifen und alles ändern, was sich als unpraktisch erwiesen hat.

In der Folge haben wir die ganze Küche neu sortiert und die neue Ordnung scheint sich zu bewähren.

 

Auch das Schaukeln in einer stürmischen Nacht hat uns gefehlt - es ist für uns inzwischen fast befremdlich in einem Haus zu schlafen. Und natürlich hat uns besonders gefehlt, was das Leben im Camper so einzigartig macht - die tägliche Entscheidung - wo wollen wir stehen, wo wollen wir ein paar Tage bleiben, wo gefällt uns der Blick, was gibt es in der Umgebung zu erkunden …? Die Freiheit von Tag zu Tag zu gucken was wir tun wollen und wo es uns gefällt …

Unseren ersten kleinen Ausflug haben wir dann in den Kaitoke Regional Park nur unweit des Hauses unserer Freunde, die uns in den letzten Wochen aufgenommen hatten, gemacht. Da die Region Wellington im Dezember von heftigen Regenfällen heimgesucht wurde, durften wir am Morgen eine lustige Überraschung erleben. Auf der Wiese rund um uns herum hatten sich gigantische Pfützen gebildet, die zu einem kleinen See geworden waren - und darauf schwammen Enten. Eine der Situation, in denen es gut ist, einen Allrad-Camper zu haben.
Ausflug Nummer zwei führte uns dann ins Wairarapa, eine liebliche Landschaft nördlich von Wellington, wo wir die Zeit zwischen den Jahren mit Freunden an einem Fluss verbracht haben.

 

 

Schließlich haben wir uns dann - auf den Tag genau zwei Jahre nach unserem ersten Überqueren der Cook Straight - zur Südinsel aufgemacht - am 1.1.22.

Nachdem wir in inzwischen altbewährter Manie den Jahreswechsel verschlafen hatten, konnten wir entspannt in aller Herrgottsfrühe am Fährhafen auftauchen und bei strahlendstem Sonnenschein die Fahrt durch die Sounds diesmal richtig genießen. Keine australischen Buschfeuer tauchten die Szenerie in ein gespenstisches Licht - es war einfach nur schön.

 

 

Zunächst sind wir ein wenig in der Region rund um Blenheim geblieben. Da wir Mitte Januar einen Werkstatt-Termin in Christchurch hatten - es ging immer noch um Ersatzteile, auf die wir bereits seit Monaten gewartet hatten - so ist das eben in Covid Zeiten - wollten wir langsam die Ostküste entlang trödeln. 

Auf einem DOC Campground wurden wir auf zwei Höhlen in unmittelbarer Umgebung aufmerksam gemacht - und zu unserer Überraschung gab es dort nach Einbruch der Dunkelheit Glühwürmchen zu bewundern - wie immer magisch …

Etwas weiter südlich durften wir dann morgens und abends dem Spektakel beiwohnen, wie Fischerboote mit Planierraupen ins bzw. aus dem Wasser gezogen werden. Für unsere Augen immer noch ungewöhnlich aber eine durchaus Neuseeland-typische Methode. Es gibt eben so gut wie keine Bootsanleger oder Stege. 

Und ein Stück den Strand hinunter hatte die Erde Boulder produziert - diese runden Stein-Kugeln, die in Meeresnähe irgendwie auftauchen und dann unvermittelt in der Gegend herumliegen …

 

 

Anschließend haben wir ein paar Tage in Kaikoura verbracht, einem der Nummer 1 Touristen-Orte auf der Südinsel, da es dort Walbeobachtungstouren mit einer quasi Garantie auf Erfolg gibt. War vor 2 Jahren der Parkplatz vor dem Whale-Watching Center noch komplett überfüllt, so standen da jetzt ein paar versprengte PKW und ein Camper. Auch die ehemals heiß umkämpften Freedom Camping Spots waren leer, Covid hat der Tourismusindustrie übel mitgespielt.

Auf unserem weiteren Weg gen Süden haben wir dann recht ähnliche Erfahrungen gemacht - wir durften ein Neuseeland erleben, das es in der Form ewig nicht mehr gab und das es vielleicht auch nicht mehr lange so geben wird - ein Neuseeland ohne Touristen.

Auch die Robben, die vor zwei Jahren noch zu Hauf auf den Klippen lagen, schienen verschwunden zu sein. Vielleicht fehlt ihnen der Besucheransturm? Die Kolonien waren zwar nicht leer, aber deutlich weniger bevölkert als noch vor zwei Jahren. Dafür konnten wir mehrfach im Hintergrund Delphin Schulen vorbeiziehen sehen - die Tiere haben Saltos absolviert, dass es eine wahre Freude war - leider mal wieder unfotografierbar …

Nachdem wir in Christchurch unseren Werkstatttermin wahrgenommen und alles erledigt hatten, was so anstand, war unser nächster Anlaufpunkt der Container-Hafen in Timaru, an dem es die Little Blue Pinguins gibt. Auch hier war es deutlich leerer als zuvor, aber das Warten in der Dämmerung hat sich wieder gelohnt - es ist so süß, wenn ein Pinguin mit der Welle an Land gespült wird, sich aufrichtet und dann los watschelt …

 

 

Über Oamaru ging es dann weiter zum Shag Point. Dort haben sich dicke fette Robben die Wiese, die vor zwei Jahren noch in Menschenhand war, zurück erobert. Hier haben wir es vorgezogen umzukehren - an denen wollten wir nicht vorbei gehen. Im strömenden Regen haben wir dann eine weitere Robben-Kolonie besucht und anschließend die Flucht ins Landesinnere angetreten. Der Southerly, der heftige Südwind, der direkt aus der Antarktis angefegt kommt, wurde uns doch zu heftig. Nach einer schönen Fahrt durchs Landesinnere sind wir schließlich in Cromwell gelandet, wo wir gefühlt unseren ersten warmen Sommerabend seit langem erleben durften, am Lake Dunstan, einem zum Baden einladenden See …

In der Cromwell Region wachsen die leckersten Kirschen, die ich je gegessen habe, so haben wir uns dort für eine Weile nieder gelassen. Außerdem war das Wasser des Lake Dunstan mit etwa 20 Grad für Neuseeland-Verhältnisse regelrecht warm und es konnte ein Sommerurlaubs-Gefühl aufkommen.

 

 

Über den Lake Wakatipu, an dem Queenstown liegt, eine weitere Touristen Hochburg, die im Dornröschen Schlaf versunken war, sind wir dann nach Fjordland weitergezogen.

Nachdem wir vor zwei Jahren aufgrund heftiger Regenfälle nicht an den Milford Sound gelangt sind, konnten wir das diesmal nachholen. Allein der Weg dorthin führt durch eine wunderschöne und sehr abwechslungsreiche Landschaft - überall kann man kleine oder auch größere Hikes machen.

Die Straße, die dann über eine Berg zum Milford Sound selbst führt, wurde in den 1930ger Jahren - zur Zeit der weltweiten Depression - quasi als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gebaut, aber mit dem Ziel, den Tourismus im Land anzukurbeln. Auf einem alten Pfad der Maori wurde sie per Hand mit Hammer und Pickel in den Stein gehauen. Sie führt über einen Pass und durch den beeindruckend schmalen Homer Tunnel, in dem man froh ist, wenn einem niemand entgegenkommt …

Am Ende erwartet einen dann der Milford Sound. Auf dem riesigen Busparkplatz, konzipiert für etwa 40 Busse, stand ein einsamer Reisebus und so konnten wir eine recht private Bootsfahrt genießen. Überall rauschten Wasserfälle aus den Bergen herab und als i-Tüpfelchen begleitete uns eine Delphin-Schule. 

Auf dem Wasser war man auch von den kleinen Plagegeister verschont, die auf der ganzen Südinsel reichlich vertreten sind - den Sandflies - mit dem Maori Namen Te Namu. Der Legende nach hat die Göttin des Todes den Milford Sound nach dessen Erschaffung durch eine andere Gottheit besichtigt und befürchtet, dass die Menschen angesichts der überwältigenden Schönheit zu sorglos werden. So hat sie die Sandflies erschaffen, damit niemand dort zu lange verweilen mag - und diese Biesterchen sind in der Tat lästig.

 

 

Fjordland liegt ganz im Süden der Südinsel und da wir den Winter oben auf der Nordinsel verbringen wollten, führte uns unser Weg wieder Richtung Norden. 

Über den Lake Pukaki, an dem wir eine längeren Stop eingelegt haben und dann über den Arthurs Pass gelangten wir schließlich an die Westküste. 

In Westport im Buller District hatten wir eine witzige Begegnung mit einem Koch, der unsere Bestellung aufnehmen wollte und uns dringend von ein paar Gerichten auf seiner Speisekarte abriet. Er meinte, es sei ihm peinlich, so was zuzubereiten, denn manches koche er nur als Essens-Grundlage für die Leute, die sich im Pub nebenan fröhlich die Kante geben wollen. Er hat uns dann mit einem sehr leckeren Fisch überrascht …

Und am Restaurant-nahen Strand hatten sich wieder einmal Boulder gebildet.

 

 

Weiter ging es Richtung Norden und diesmal haben wir uns für längere Zeit in Marahau auf einem Campground am Anfang des Abel-Tasman-Tracks eingenistet. Dieser Track gehört zu den New Zealand Great Walks, den schönsten und bedeutendsten Wanderwegen des Landes und führt die ganze Zeit an der Küste entlang. Das Gute - es gibt ein Wasser-Taxi, das es einem erlaubt, Teilabschnitte zu laufen. Diese Karte haben wir dann auch gezogen und so konnten wir den Track genießen, mussten aber keine Nächte im Zelt verbringen …

 

Bevor wir uns wieder auf die Nordinsel aufgemacht haben, haben wir noch mit Freunden zwei traumhafte DOC Campgrounds in den Marlborough Sounds erkundet - French Pass und Elaine Bay. In den Sounds werden ja die leckeren Greenlip Mussels gezüchtet und wir konnten einen Lastkahn mit Säcken voller Muscheln beim Anlegen im nahen Hafen beobachten, wo die Muscheln dann auf LKWs verladen wurden.

Neugierig wie wir waren, konnten wir ein wenig über die Muschelfarmen in Erfahrung bringen. Green Lips werden an Seilen gezüchtet, die Wachstumszeit beträgt etwa 2 Jahre und in Elaine Bay werden täglich 50 Säcke a je eine Tonne geerntet. Man kann mit einem Eimer an den Hafen gehen und sich den dann dort mit Muscheln füllen lassen. Da wir aber keinen großen Topf im Camper haben, mussten wir darauf leider verzichten.

 

 

 

Schließlich wurde das Wetter auf der Südinsel ungemütlicher und so haben wir Anfang Mai die Fähre von Picton nach Wellington auf die Nordinsel genommen.

Wir hatten grob geplant, den Winter wieder in Northland zu verbringen und dann das Hymi im Mai 2023 - wenn die Rego ausläuft - nach Australien zu verschiffen, um dann dort ein paar Monate zu verbringen.

Doch alles kam mal wieder ganz anders …

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Elke Mattis (Donnerstag, 08 Juni 2023 10:02)

    Oh ist das schön, wieder von Euch zu hören! Wir haben uns schon überlegt, wo Ihr jetzt wohl gerade seid!?
    Als Du in diesem Bericht Kaikoura erwähnt hast, mussten wir an die Begegnung mit Euch dort denken! Es war im Januar 2020 tatsächlich auf diesem von Dir erwähnten Parkplatz! Unfassbar, wie lange das schon wieder her ist...
    Vielen Dank für die wunderschönen Fotos und die tollen Berichte!
    Viele Grüße!

  • #2

    annette sett gjessing (Sonntag, 02 Juli 2023 20:36)

    Wie schoen, Euch wieder folgen zu koennen! Ich bin immer wieder verzaubert (!) von der Schoenheit dieses landes. Ja Rike, Du hast recht - ich würde mich wahrscheinlich dort sehr wohl fuehlen - besonders ohne die vielen Touristen... :-).