Am nächsten Morgen stand dann Aswan auf dem Programm - zuerst der unvollendete Obelisk in einem alten Rosengranit Steinbruch. Obelisken sind Monolithe, das heißt sie bestehen aus einem einzigen Stein und dieser wäre der größte Obelisk zur altägyptischen Zeit geworden, hätte es nicht während der Fertigung Risse im Material gegeben. So ruht er seither inmitten des Steinbruchs ... Heute gibt es überall auf der Welt unzählige nachgebaute Obelisken - von den altägyptischen stehen jedoch nur noch 28, davon 6 in Ägypten. Weitere Standorte sind Rom, Paris, Istanbul, New York, London und Florenz und nur ein Obelisk steht noch an seinem ursprünglichen Platz - der Ramses II Obelisk im Luxor Tempel.

Weiter ging es zum Isis Tempel oder auch Tempel von Philae. Auch dieser musste aufgrund des Staudamms verlegt werden - er wäre heute ebenfalls unter Wasser. Also wurde gesägt und gehämmert und der so erhaltene Tempel steht heute wie Abu Simbel auf der Liste der Weltkulturerbestätten.
Der Legende nach fand Isis in Philae das Herz ihres Gatten Osiris, nachdem Seth in getötet und zerstückelt hatte - es gelang ihr (wie bereits erwähnt) ihren geliebten Osiris wieder ins Leben zurückzuholen - kein einmaliger Vorfall - jedenfalls hat man an dieser Stelle Isis zu Ehren einen Tempel errichtet - hier wieder ein paar Fotos ...
Dann gab es etwas Heutiges zu besichtigen - den Aswan Staudamm, der oberhalb der Stadt den Nil bis hin zum Sudan staut - der Fluss bildet so über eine Länge von über 500 km den Nassersee - benannt nach dem damaligen Präsidenten, unter dem der Bau entstand. Allein im ägyptischen Teil des Nils mussten 55.000 Menschen umgesiedelt werden und neben den schon erwähnten Tempeln von Abu Simbel und dem Isis Tempel wurden zwei weitere Tempelanlagen in der Region versetzt, diverse andere wurden im Ausland wieder aufgebaut.
Der Staudamm dient im Übrigen der Stromversorgung, reguliert den Wasserstand des Nils und schützt so vor Überschwemmungen, außerdem gibt es inzwischen unterhalb der Staustufe keine Krokodile mehr. Allerdings stellt der Damm auch eine Barriere für den fruchtbaren Nilschlamm dar, der heute rechts und links des Flusses fehlt - ein großes Manko ...
Unserem Guide zufolge, der den Staudamm wöchentlich mit seinen Gruppen besichtigt, durften wir etwas sehr besonderes erleben - eine der Schleusen war geöffnet und Wasser drängte mit gewaltiger Wucht durch diese Öffnung - unser Guide hatte so ein Spektakel jedenfalls das letzte Mal vor fünf Jahren gesehen und war sichtlich begeistert.
Zurück auf unserer Dahabeya ging es dann flussabwärts wieder Richtung Luxor - mit einem ziemlichen Tempo - der Nil hatte gut Druck, also verging die Rückfahrt nach Luxor wie im Flug. Wieder passierten wir morgens die Schleuse bei Esna und bei heißen 40 Grad im Schatten warteten schließlich unsere letzten zwei Tempel auf uns. Die waren aber nochmal ein Highlight!
Zunächst der Karnak Tempel - ebenfalls ein Unesco Weltkulturerbe ...
Diese Tempelanlage wurde über viele Jahrhunderte immer wieder erweitert - jeder aktuelle Herrscher meinte, sie vergrößern zu müssen - dementsprechend ist sie sehr weitläufig und es wurden in ihr gleich mehrere Götter verehrt. Ich beschränke mich hier auf die heilige Triade von Theben, eine Gruppe von drei Göttern, die gemeinsam angebetet wurden. Es handelte sich um Amun, den Fruchtbarkeitsgott, auch Schöpfergott oder Sonnengott genannt, dessen Gattin, die Himmelsgöttin Mut, die wie Isis oder Hathor als Mutter der Pharaonen gehandelt wurde und deren gemeinsamen Sohn, den Mondgott Chons, der auf seinem Kopf eine Mondsichel und Mondscheibe trägt. Die Triade von Theben war mächtig und dominierte daher lange die ägyptische Götterwelt ...
Es war nicht anders zu erwarten - auch hier steht eine große Ramses II Statue, natürlich hat auch er kräftig mitgebaut. Außerdem befindet sich in der Tempelanlage der größte Obelisk, der noch in Ägypten steht, der Hatschepsut Obelisk. Dieser war vermutlich durch ein Erdbeben umgestürzt und wurde erst kürzlich restauriert und wieder aufgestellt.
Was mich besonders beeindruckt hat, war der große Säulensaal - einst standen hier 134 Säulen, die ein hölzernes Dach trugen. Die meisten Säulen sind nach wie vor erhalten - nur das Dach fehlt. Hier kann man sich verlieren - jemand, der eben noch neben einem stand, kann plötzlich verschwunden sein und man findet sich alleine in einem Gang wieder. Mich hat es an das Holocaust-Mahnmal in Berlin erinnert, in dem ähnliche Gefühle aufkommen.
Neben der Tempelanlage befindet sich ein See, in dem vor den heiligen Handlungen rituelle Waschungen vorgenommen wurden, und von der Anlage aus führt eine knapp 3 km lange Allee schnurstracks zum Luxor Tempel. Diese Allee wird auf beiden Seiten von etwa 600 unterschiedlich gut erhaltene Sphynxen gesäumt, was ihr den Namen Allee der Sphinxen eingebracht hat. In alten Zeiten wurden dort bei Festlichkeiten endlose Prozessionen zwischen beiden Tempeln abgehalten - mit Musik und viel Speis und Trank - es muss üppig zugegangen sein.
Und schon waren wir im letzten Tempel unserer Reise angelangt, dem Luxor Tempel. Ich muss gestehen, ich war nicht mehr wirklich aufnahmefähig, in den vergangenen Tagen war ein solcher Schwall an Eindrücken und Informationen auf mich eingeprasselt, dass ich mich irgendwann auf eine Bank im Schatten zurückgezogen habe - so habe ich mich 'Ramses überall', wie unser Guide so schön sagte, ein wenig entzogen. Was noch hängen geblieben ist - zwei große Ramses II Statuen säumen den Tempeleingang und davor steht ein Obelisk, wie schon erwähnt der einzige, der noch an seinem ursprünglichen Platz steht. Dazu gibt es übrigens ein Gegenstück, einen zweiten Obelisken, der heute auf der Place de la Concorde in Paris thront - ein Geschenk Muhammad Alis an Frankreich.
Da es langsam Abend wurde und die brutale Hitze sanftere Züge annahm, wurde es unfassbar voll. Menschenmassen ergossen sich in den Tempel und ich war heilfroh, irgendwann zurück auf unserer Dahabeya zu sein - dort gab es ein letztes leckeres Abendessen und am nächsten Morgen ging es dann in aller Herrgottsfrühe zum Flughafen ...
Das nächste Kapitel unserer Reise wartete auf uns - Berlin ...
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