Nach einem Flug über die endlose Wüste konnten wir in Luxor unser Boot besteigen, die Dahabeya auf der wir für die nächsten 7 Tage zu Hause waren. Außer uns war nur noch ein weiteres Ehepaar an Bord, es war also alles klein und überschaubar - ganz nach unserem Geschmack.
Wir hatten eine hübsche kleine Kabine mit eigenem Bad, wo der Zimmerservice jeden Tag wundervolle fantasievolle Figuren aus Handtüchern auf unserem Bett drapierte. Ein Koch hat uns mit ägyptischen Spezialitäten verwöhnt und wir sind geruhsam den Nil hinuntergeschippert. Geschippert ist hierbei nicht das richtige Wort - die Dahabeya hat nur Segel, keinen Motor, und so wurden wir von einem kleinen motorisierten Boot gezogen. Aber zunächst gab es ein Besichtigungsprogramm ...
Für diesen Teil der Reise hatten wir einen neuen Guide, einen Ägyptologen, der auf dem Schiff mitfuhr und uns mit großer Begeisterung alle Sehenswürdigkeiten nahebrachte. Man hat gemerkt - er liebt alles, was er uns zeigen konnte.
Start unserer Kulturrunde war Luxor, das alte Theben, Zentrum Oberägyptens, und unser erster Besuch dort galt dem Tal der Könige, einer Grabstätte der Pharaonen der 18. bis 20. Dynastie (1.550-1.070 v. Chr.), also der Herrscher des neuen Reichs. Bis heute wurden dort 64 Gräber gefunden und die Ausgrabungen halten immer noch an. Es dürfen aus konservatorischen Gründen wechselnd immer nur ein paar der Gräber besichtigt werden, wir waren in dreien.
Alle Gräber stehen im Zeichen des damaligen Totenkults - des ewigen Kreislaufs von Tag und Nacht. Wird die Sonne im Osten am Morgen geboren zieht sie ihre Bahn über das Himmelszelt, um im Westen unterzugehen - dann gleitet sie durch die Unterwelt um am nächsten Tag quasi wiedergeboren zu werden. So verhält es sich auch mit den Toten - sie werden auf einer heiligen Barke durch die Unterwelt geleitet, geschützt vom Schakal-köpfigen Gott Anubis, um geläutert wiedergeboren zu werden. Derartige Themen schmücken in vielerlei Variationen die Wände und Decken der Grabkammern. Das Schutzsymbol Ankh, das einem Kreuz ähnelt, spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Auffällig ist, dass die Darstellungen der Götter und Pharaonen einander unglaublich ähneln. Auseinanderhalten kann man sie nur Dank ovaler Kartuschen, in die in Hyroglyphen-Schrift Name und Stellung der jeweiligen Person eingraviert wurden.
An dieser Stelle möchte ich einen kurzen Überblick über die wichtigsten altägyptischen Gottheiten geben. Im Zentrum steht Ra, Schöpfer- und Sonnengott, der aus dem Urozean aufgetaucht oder aber als Phönix aufgestiegen ist - dargestellt oft als Mensch mit Falkenkopf und Sonnenscheibe. Er steht in enger Verbindung mit Horus, dem Sohn von Isis und Osiris, ebenfalls eine Sonnengottheit, die als Vorbild für die edle Haltung der Pharaonen diente, dargestellt als Falke oder ebenfalls als Mensch mit Falkenkopf. Er trägt in der Regel die Doppelkrone - also eine Verschmelzung der beiden Kronen Oberägyptens und Unterägyptens. Diese Doppelkrone steht für die Tatsache, dass er das damals in zwei Hälften zerfallene ägyptische Reich geeint hat.
Wie schon sein Vater Osiris hat auch Horus gegen die böse Gottheit Seth gekämpft und ihm ist schließlich der Sieg gelungen. Im Verlauf der Kämpfe wurde er jedoch von Seth geblendet, sein Auge wurde aber von Thot geheilt und das Auge des Horus gilt seither als wirksames Schutzamulett und Symbol für Heilung und Regeneration.
Hathor, die Liebes- und Muttergöttin, Tochter des Sonnengottes Ra, wird meist als Gattin des Horus gehandelt - es gibt aber auch Lesarten, die sie zu seiner Mutter machen - wie gesagt, als Ägyptologe muss man mit wagen Dingen leben können. Dargestellt wird Hathor meist als Frau mit Kuhhörnern und Sonnenscheibe auf dem Kopf.
Den Schakal-köpfigen Anubis habe ich ja schon erwähnt, zu Osiris möchte ich noch ergänzen, dass er mehrfach von Seth getötet wurde - seiner Gemahlin Isis gelang es jedoch, ihn immer wieder zum Leben zu erwecken - Osiris wird daher häufig als Mumie dargestellt.
Die Unterwelt wird natürlich von allerlei Getier bewohnt und es gibt immer wieder Bilder von Opfergaben, die den Göttern zum Schutz dargebracht wurden. Man findet auch Szenen, in denen der Mensch Horus sich selbst als Gottheit Horus begegnet - hier alles zu beschriften würde zu weit führen daher nur eine kleine Fotogalerie - zunächst von den Gräbern im Tal der Könige.
Nach einer kleine Pause gelangten wir zum Hatschepsut Totentempel, einem dreistöckigen Terrassen-Tempel, dessen Allerheiligstes in den Fels hineingehauen wurde. Die Tempelanlage befindet sich in Nähe des Tals der Königinnen, so dass Hatschepsuts Grabstätte - architektonisch geschickt - quasi unterhalb vom Allerheiligsten ihres Totentempels liegt. Hatschepsut war die einzige Frau, die es geschafft hat, zur Pharaonin aufzusteigen und als solche über Ägypten zu herrschen. Oft wird sie androgyn, wenn nicht gar in Männergestalt dargestellt. Ihr Totentempel diente übrigens zugleich als Heiligtum für die Muttergöttin Hathor, die im alten Theben als Herrscherin des Westens verehrt wurde.
In diesem Tempel begegnete es uns zum ersten Mal, dass Teile der Reliefs an den Wänden gezielt wegemeißelt worden waren. Unklar ist, wann, wie und warum diese Zerstörung stattgefunden hat. Waren es neidische Nachkommen? Waren es Eroberer? Sollte den Darstellungen die Macht genommen werden? Auch darauf gibt es keine eindeutigen Antworten.
Hier wieder nur eine kleine Fotogalerie ...
Letzter Programmpunkt des Tages waren die Memnonkolosse, zwei gigantische, wenn auch stark verwitterte etwa 18 m hohe Steinfiguren. Ursprünglich haben sie den Eingang zum Totentempel von Amenophis III geschmückt - von der Tempelanlage ist allerdings fast nichts stehen geblieben, es finden aber im Gebiet seit 20 Jahren fleißig Ausgrabungen statt und das mit Erfolg. So konnten unter anderem zwei weitere große Statuen geborgen werden, ein paar Sphynxen und eine kolossale Krokodilsfigur - das alles ist aber momentan nicht der Öffentlichkeit zugänglich.

Völlig platt sind wir schließlich auf unserem Schiff angekommen und bei einem leckeren Mittagessen begann unsere Bootsfahrt. Da die Dayabeha ja keinen eigenen Antrieb hatte, glitten wir unfassbar ruhig über den Nil - na ja, ganz so ruhig war es dann doch nicht, denn es waren außer uns noch viele andere Schiffe unterwegs - größere Hotelboote sowie weitere Dahabeya Segelboote, die wie wir gezogen wurden. An den Ufern befand sich rechts und links ein fruchtbarer Grünstreifen - unmittelbar dahinter erhob sich dann die endlose Wüste - 96% Ägyptens sind Wüstenlandschaft. Immer wieder passierten wir badende Kinder, für die es offenbar ein Sport war, an unser Schiff heranzuschwimmen und sich mitziehen zu lassen - eher zum Ärger der Mannschaft. So glitten wir jedenfalls langsam in den Sonnenuntergang.
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